Arbeiten & Leben: “Wenn der Akku leer ist, wird alles ein unglaublicher Kraftakt”

Auszeiten (Foto: Scheer)
Auszeiten (Foto: Scheer)

Im Laufen fließen die Gedanken, so geht es auch uns. Zwei Frauen, die an ganz unterschiedlichen Punkten der Familienphase stehen, die eine mit Vorschulkind, die andere mit erwachsenen Kindern. Die Spaziergänge mit meinem Hund sind für mich Auszeiten. Seine Freude daran, der Frisbee nachzujagen und auf der Wiese mit den anderen Hunden zu toben hebt meine Stimmung, selbst an trüben Tagen. Umso schöner, wenn mich dabei jemand begleitet und Zeit und Gedanken teilt, wie gelegentlich *Susanne Scheer.  Sie ist Pädagogin und Coach, ihr Herzensthema ist die Balance zwischen Arbeiten & Leben. Aus unseren Wald- und Wiesen-Gesprächen hat sich dieses Interview entwickelt.

Läuft doch, die Bälle sind im Spiel, alles unter Kontrolle – so scheint es, wenn Partner, Beruf, Kind, Freunde, Hobby und man selbst unter einen Hut gebracht werden sollen. Zum Innehalten bleibt beim Jonglieren keine Zeit: Die Bälle könnten ja herunterfallen, das Spiel unterbrechen, die schöne Fassade von Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen Knacks bekommen. Raus aus dem Hamsterrad-Modus – sagt Dr. Susanne Scheer: Inmitten der vielen Bälle muss Platz sein für Austausch, Nachdenken, Kraft tanken. Wie das geht, verrät sie im Interview und in ihren Kursen “Auszeit für mich”, für Familie- und Beruf-Jongleur*innen.

„Auszeit für mich“ heißt dein Kurs. Warum braucht man eigentlich Auszeiten?

Auszeiten sind die Chance, im Alltag innezuhalten und mit sich selbst Verbindung aufzunehmen: Wie geht es mir gerade – im Kopf, Herz und im Körper? Der erste Schritt ist zur Ruhe zu kommen, ganz ohne Leistungsdruck und Ergebnis. Wer sich keine Auszeit gönnt, verliert den Kontakt zu sich selbst.

Der Begriff „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist abgedroschen, aber was macht es denn berufstätigen Eltern so schwer, Leben und Arbeiten sinnvoll und erfüllend zu gestalten?

Berufstätige Eltern mit zahlreichen Doppelbelastungen sind häufig damit beschäftigt, alles irgendwie hinzubekommen. Sie achten oft kaum auf sich selbst, sondern funktionieren und reagieren viel. Dabei kann jeder Mensch nur für andere da sein, wenn er zuerst für sich selbst sorgt. Wenn der Akku leer ist, wird es ein unglaublicher Kraftakt, im Job und in der Familie noch für andere da zu sein und immer so weiter zu machen. Weniges fühlt sich noch schön, lebendig oder leicht an, auch der Kontakt zum Partner, den Kindern oder Kollegen. An diesem Punkt schleicht sich zusätzlich zum Hamsterrad-Modus oft noch das schlechte Gewissen ein, zum Beispiel, dass die Kinder doch nicht so glücklich machen wie erwartet.

„Kinder machen doch nicht so glücklich“

Im ersten Schritt im Kurs geht es darum, erst mal wieder mit sich selbst in Kontakt zu kommen, und sich über diesen Strudel bewusst zu werden. Eine Teilnehmerin sagte so treffend: “Ich weiß gar nicht mehr, wer ich bin. Woher weiß ich dann, was ich brauche?”

Du nutzt das Wort „jonglieren“, das klingt vergnüglich. Es fallen aber auch Begriffe wie eingefahrene Muster oder Kontrolle. Was läuft da schief, und was muss da dauerhaft passieren?

Beim Jonglieren – worauf achtest du da besonders? Auf die Bälle, auf viele Dinge gleichzeitig, auf das Außen, auf “alles unter Kontrolle haben”. Aber eben nicht auf dich selbst. Eingefahrene Muster und Glaubenssätze wie “Ich muss es allen recht machen” oder “Es soll perfekt sein“ erschweren das Jonglieren genauso wie unrealistische Erwartungen. Der erste Schritt ist immer, sich über die Situation bewusst zu werden, sie wahrzunehmen. Dann kannst du sie dir genauer anschauen und überlegen: Was brauche ICH eigentlich? Und was passt jetzt gerade? Und wie könnte ich es mir manchmal leichter machen? Und wo laufen in meinem Leben die Dinge anders als gedacht – und es ist (trotzdem) gut so?

„Mütter jonglieren im Alltag viel mehr Bälle als Väter“

Nicht nur Frauen sind angesprochen, aber es kommen vermutlich vor allem Mütter?

Ja tatsächlich. Ich vermute, dass der Leidensdruck bei Müttern häufig noch größer ist als bei den Vätern. Und dass Frauen damit oft anders umgehen als Männer. Nach der Geburt des ersten Kindes fallen die Paare zum Großteil in die klassische Rollenverteilung Hauptverdiener und Kinderkümmererin in Teilzeit zurück. Mütter jonglieren im Alltag viel mehr Bälle als Väter, und haben dabei oft auch hohe Ansprüche an sich selbst.

Wie ticken Frauen da anders als Männer?

Vielleicht vergleichen sich Frauen noch mehr mit anderen als die Männer – oder auf eine andere Art. Anstatt auf das eigene Lebensmodell zu schauen und zu prüfen, wie es für einen selbst und die Familie passt, wird schnell verglichen und bewertet. So verfestigen sich leicht Bilder der berufstätigen Rabenmütter und der karrierelosen Hausmütterchen und der persönliche Erfolgsdruck steigt, alles richtig zu machen. Es wäre so viel einfacher, auf die Gemeinsamkeiten zu schauen und sich gegenseitig zu stärken. Wir sind es in dieser Gesellschaft nur leider nicht mehr gewöhnt.

Sollte man Menschen auch mal zur Auszeit zwingen?

Eine spannende Frage. In meinem Job als Coach treffe ich oft Leute, die scheinbar wissen, was für andere gut ist und dies gerne verordnen möchten. Wieso denken wir zuerst an andere und nicht an uns selbst? Fange selbst an, so zu leben, wie du es brauchst, damit bewirkst du am meisten. Auch bei den anderen. Über Zwang erreicht man Menschen nur scheinbar. Ich begegne den Menschen auf Augenhöhe und appelliere daran, sich selbst wichtig zu nehmen. Ich gebe Impulse und teile Ideen, aus denen jede/r auswählt und ausprobiert, was für sie oder ihn passt. Woher soll ich wissen, was für andere das Richtige ist?  Bei dem Kurs mitzumachen und sich die Zeit zu nehmen, ist schon der erste Schritt für sich zu sorgen. Auch das braucht ein bisschen Mut und den passenden Zeitpunkt.

Kannst du Beispiele aus dem Kurs nennen?

Ja. Das sind fest geplante Ich-Zeiten und Paar-Zeiten im Alltag, in realistische  Scheibchen geschnitten. Und einen Babysitter ganz ohne schlechtes Gewissen einzusetzen. Oder auch das: Ein klareres Bild, was machbar ist, und was nicht. Und was jeder selbst braucht. Eine Kursteilnehmerin sagte: “Ich bestimme meine Zeit mehr, bin weniger von anderen getrieben. Ich nehme meine Zeit bewusster wahr.”

*Dr. Susanne Scheer ist Pädagogin und systemisch-transaktionsanalytischer Coach. Ihr Schwerpunkt liegt auf dem Coaching im beruflichen Kontext, insbesondere zu den Themen Innovation sowie Arbeiten & Leben in allen Lebensphasen.
“Auszeit für mich”-Kurs: 8 Abende für berufstätige Eltern, Infos unter susannescheer.de

Zwischen „Peace“ und „Grüßgott“: Hippies, Journalisten, blutige Heilige und ein Knicks

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Lippenstift und Cohiba – Frauen in den Männerdomänen der 70er Jahre, zum Beispiel im Journalismus. (Detail aus „Zara“ / ZDF-Serie.

“Good Girls Revolt” ist fertig geguckt, die Dramedy-Serie um Rechercheurinnen der New Yorker Newsweek, denen es verboten ist, als Reporterinnen zu arbeiten. Zuvor den deutschen Abklatsch über eine revoltierende Jungreporterin in den 70ern, die ZDF-Produktion “Zara – Wilde Jahre”. Viele Themen dieser verrückten Zeit des Umbruchs klingen vertraut: sexuelle Befreiung, Chauvinismus, §218-Debatte, RAF, Drogen, ungerechte Arbeitsverhältnisse für Frauen, Hammer-Musik.

Wenn dieser Blogbeitrag einen Soundtrack braucht, dann diesen: The Rolling Stones – you can’t always get what you want.

Serien-Produzenten und -Autoren scheinen wilde Hippie-Frauen zu mögen – zumal, wenn sie hübsch sind.

Mein Vater war in dieser Zeit Journalist in unserer Kleinstadt, bei weitem nicht so glamourös wie Hamburg oder New York, er bildete Volontäre aus, smarte Frauen in Mini-Röcken, langhaarige Männer in Zottelmänteln. Die Chefs zogen an ihren Zigarren, die Jungredakteure drehten sich ihre Zigaretten und oft landete Asche in den klappernden schweren Schreibmaschinen. Ich erinnere mich noch an einige der flippigen Reporter, manchen bin ich später als Kollegin wieder begegnet.

Zu meiner Kinderperspektive dieser Epoche gehören noch so viele andere Puzzleteile, die diesen Serien fehlen.

Mein Vater war also Journalist, meine Oma betrieb eine Gärtnerei mit Gemüseladen und meine anderen Großeltern einen Friseursalon in bester Lage. Wir besetzten damit die wichtigsten Kommunikationsschaltzentralen dieser kleinen katholischen Stadt, in der es auch ein bisschen Flower Power gab. Gut, ein Mann im Beichtstuhl hätte noch gefehlt, aber das ist selbst mir zu heilig – mehr als uns Journalisten “unter drei”.

Was Soziologen mühsam und bemüht in Milieustudien erforschen, hatte ich frei Haus. zumindest das, was man als Kind so versteht, wenn sich die Erwachsenen unterhalten – und nur die. Ich wusste, aus welchen Elternhäusern die Radikalen und Revoluzzer unseres kleinen Städtchens kamen und wer mit wem ein Verhältnis hatte.

Streng war diese Zeit trotzdem irgendwie. Wer in der Schule schwätzte, musste in der Ecke stehen, und Kopfnüsse gab es für freche Antworten. Die Hände gehörten auf das Pult, und wer krumm auf der Bank lümmelte, bekam ein Lineal in den Rücken, so war das in meiner Klosterschule – einer reinen Mädchenschule. Dazu gab es aber eine große Portion experimenteller innovativer Lehrmethoden. Wohl deshalb habe ich keine Probleme mit verschleierten Frauen, solange ich Augen und ein Lächeln sehe, und daher kommt vermutlich mein Faible für krasse Kontraste.

In der Knabenschule dagegen unterrichteten Lehrer, denen vieles durchging, denn “sie waren ja im Krieg” gewesen. Einer hatte einen Kopfschuss abgekriegt, zu der Zeit anscheinend ein Freibrief für alles mögliche. Vergangenheitsbewältigung war unreflektiert. Gelegentlich schnappte ich Geschichten über immer noch vermisste Ehemänner oder Söhne auf, über versteckte Gewehre und gelegentlich verklärte Erinnerungen an die Sportfeste der Hitlerjugend und Ausflüge der BDM-Mädel.

Da gab es die Rentner in grauen Mänteln mit Spazierstöcken, die sich jeden Tag am Marktplatz trafen. Dem einen musste man immer die linke Hand reichen – die rechte war eine starre Prothese mit Handschuh, der andere trug eine schwarze Augenklappe über dem Glasauge. Die Mädchen machten einen Knicks, wenn sie jemanden begrüßten. Wer macht heute noch einen Knicks? Außer bei der Queen?

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Alt war man in den 70er Jahren schon früh.

Ältere Frauen – und zu denen zählte man wohl schon mit  Ende 50 – trugen sittsame dunkle Kleider und Hüte, junge Frauen Mini-Röcke oder Hotpants und wallende Mähne. Ich sagte ja schon: Krasse Gegensätze. Für uns Kinder normal, für manchen Erwachsenen skandalös.

(Sorry, ich kann keine Gesichter zeichnen, also ich kann eigentlich überhaupt nicht zeichnen, deshalb nur die Rückansicht!)

Zeichnung - Minirock - Hippie
Hippies und Flowerpower gab es auch in der Strenge der Kleinstadt.

Ich bin in dem Jahr geboren, in dem Mary Quant für ihre sinnliche Kreation im Buckingham Palace mit dem “Order of the British Empire” ausgezeichnet wurde. Wir Kinder hatten damals Sonntagskleider für den Kirchenbesuch. Mein rosafarbenes Samtkleid mit Rüschen habe ich geliebt, und ich wurde oft geschimpft, weil ich es schon beim Frühstück verkleckert hatte.

In dieser Zeit war die Kirche im Umbruch, es war die Zeit nach dem Konzil, neue Gedanken und moderne Musik fluteten über die Altäre und vertrieben zeitweise Weihrauch und Latein. Meine Mutter ging gerne in die Kirche, denn dann passte die Oma auf uns Kinder auf, und sie konnte während der Predigt ihren eigenen Gedanken nachhängen – hoffentlich auch ein paar sündigen.

Parallel gab es die Wunder, die religiösen Fanatiker und Martyrer direkt in meiner Nachbarschaft. Mit Geschichten, die jede Mystery-Fiction-Serie toppen. Neugierde und Lust-Gruseln überkommen mich noch heute, wenn ich an die blutigen Wundmale und heiligen Öle denke. Nichts für schwache atheistische Seelen.

Die Phase der Journalisten-Serien ist vorbei – leider. Jetzt schaue ich “McMafia” – dagegen ist gender pay gap ein Zuckerschlecken: Brutalität, Blutvergießen, Menschenhandel, Drogenschmuggel, daran ist so gar nichts schön, nicht mal die Musik.

Liebe Serien-Junkies: Hat jemand einen guten Serien-Tipp für mich? Denn „Grace und Frankie“ (Start der nächsten Staffel ist am 19. Januar) mit der bezaubernden Jane Fonda (Aerobic waren die 80er – meine Jugend!) und der amüsanten Lily Tomlin, die Comedy-Serie um die beiden abgedrehten Ladies, die die Welt mit ihrer Geschäftsidee – Vibratoren für reife Damen – beglücken wollen, wird schnell fertiggeguckt sein.

Diagnose Jobverlust – Therapie Weiterbildung

Du erhältst eine schlimme Diagnose und der Chefarzt steht schon mit einem Therapievorschlag und einer Armada von Ärzten und Therapeuten bereit. Du kommst gar nicht erst zum Nachdenken.

Kopfarbeit ist angesagt!
Kopfsache! Weiterbildung ist angesagt für den neuen Job!

Nach der Kündigung standen die Abwicklungs-Spezialisten parat, Begriffe wie Transferagentur, dreiseitiger Vertrag und Newplacement flogen durch den Raum, in dem eigentlich Fassungslosigkeit herrschte. Ablenkungsmanöver oder gutgemeinte Fürsorge? Von unserer Seite – der Seite der soeben Gekündigten – auf jeden Fall weder Wohlwollen noch Vertrauen.

“Du warst ziemlich wütend – über Monate!” Meine Familie musste mich erst wieder daran erinnern, wie das war, als ich den Job verloren hatte, wie ich drauf war, nachdem der Redaktion die Kündigung mitgeteilt wurde. Ich hab das verdrängt – ich bin gut im Verdrängen, aber nachtragend wie ein Elefant. Es ist fast genau ein Jahr her, dass uns die Hiobsbotschaft überbracht wurde, es folgten andere Redaktionen und es werden wohl noch einige folgen.

Die Wut und den Frust haben die Kollegen geteilt. Vieles hat meine Familie abbekommen.

Aktionismus folgte bei mir auf den ersten Schock. Trotz allem  war ich zuversichtlich. Aber Optimismus allein genügt nicht. Es ist hilfreich, wenn jemand Orientierungshilfen gibt, einen lotst, eine Strategie entwickelt. Jemand, der neutral aus der Vogelperspektive auf die Situation sieht und nicht emotional eingebunden ist. Der zur rechten Zeit motiviert, bremst oder anschiebt.

Wer weiß, welche meiner skurrilen Ideen ich sonst umgesetzt hätte, Trauerrednerin steht immer noch ganz oben auf der Liste. Mir haben die fünf Monate in der Transfergesellschaft einen Rahmen geboten, um an mir zu arbeiten und herauszufinden, was ich will – und was nicht. Coaching hilft dabei. Machen muss man selbst.

Es ist eine freiwillige Entscheidung, in die Transfergesellschaft zu gehen, es gibt Alternativen. Nicht alle Kollegen haben die Option der TG gewählt. Am Ende bietet die TG jedenfalls auch eine finanzielle Sicherheit, selbst wenn man nur wenige der Fortbildungsmöglichkeiten nutzt. Manchen bewahren regelmäßige Beratungstermine sicherlich auch vor Vereinsamung.

Nicht jedem fällt es leicht, sich einem Coaching auszusetzen, sich in Workshops und Schulungen auf unbekanntes Terrain zu begeben und etwas auch mal nicht zu wissen oder können. Ich bin in den letzten Monaten oft über meinen Schatten gesprungen. Wohl für uns alle war es seltsam, mit Kollegen Vorstellungsgespräche zu üben, sich im Elevatorpitch bestmöglich darzustellen und dabei nicht komplett fremd zu wirken. Man muss Vertrauen und Engagement investieren, um Lernerfolg zu erhalten. Oder: Wer Bock drauf hat, kann unheimlich viel gewinnen.

Ich habe zudem in dieser Phase rund um den Jobverlust eine Menge über Arbeitsrecht gelernt und erfahren, wie wichtig ein guter Betriebsrat ist. Hut ab und Respekt dafür, wie sich unser Betriebsrat reingehängt und eingearbeitet hat. Der nämlich handelt mit dem Unternehmen den Sozialplan aus und führt dazu unzählige anstrengende Gespräche.

Kurz zusammengefasst – das macht eine Transfergesellschaft:

  • Ziel einer Transfergesellschaft (TG) ist, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer eines Unternehmens in neue Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln, Existenzgründungen zu fördern oder auch den Übergang beispielsweise in den (Vor-)Ruhestand zu gestalten.
  • Profiling, Beratung, Qualifizierung und Vermittlung sind die Aufgaben.
  • Die TG wird – falls sich der Arbeitnehmer dafür entscheidet – zum neuen, vorübergehenden Arbeitgeber mit einem zeitlich befristeten Vertrag, maximal für ein Jahr.
  • Grundlage ist ein dreiseitiger Vertrag zwischen Arbeitnehmer, abgebender Arbeitgeber und Transfergesellschaft.
  • Die Betreiber einer TG sind auf Personalentwicklung und -vermittlung spezialisiert und von der Bundesagentur für Arbeit zertifiziert.
  • Die Finanzierung der TG, der Gehälter und der Qualifizierungsmaßnahmen, setzt sich aus dem Kurzarbeitergeld und einer Aufstockung durch das abgebende Unternehmen zusammen.
  • Wer nach der Zeit in der TG noch nicht in einem neuen Arbeitsverhältnis ist, erhält die vollen Leistungen des ALG 1, sofern die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Auch eine Existenzgründungsförderung kann seitens der Bundesagentur in Betracht kommen.

Eine meiner Weiterbildungen in der Transfergesellschaft war eine sehr gute und inspirierende Videoschulung – danke an Oliver Wanke / acpp. Das neue Wissen will ich natürlich gleich anwenden. Im folgenden Video gibt Stefan Rausch, Unternehmensberatung Linssen & Rausch, einen Einblick, wie eine Transfergesellschaft funktioniert und was deren Ziel ist.

Wie Netflix mein Karrierecoach wurde

Ich hatte Zeit. Und keine Freunde, die tagsüber mit mir abhängen könnten, die müssen arbeiten oder Kinder versorgen.

So wurden Harvey (Suits) und Don (Mad Men) meine besten Freunde. Jessica (Suits), Peggy (Mad Men) und Alicia (Good Wife) meine Vorbilder.

Serien als Coaching und Karriere-Impuls?
Netflix als Karrierecoach.

Definitiv hat Netflix meine berufliche Zukunft beeinflusst. Besonders “Mad Men”. Sorry, liebe Personalberater, aber mit Don Draper und Joan Holloway, mit Roger Sterling  und Peggy Olson könnt ihr nicht mithalten. Ich lebe praktisch schon in deren Agentur.

Journalistenfilme treiben Tränen in die Augen

Eigentlich liebe ich Journalistenfilme, aber der versoffene Kollege Daniel Frye aus “The Bridge – America” taugt in meiner Situation nicht wirklich als Orientierungshilfe, “newsroom” dagegen bringt mich zum Weinen – es könnte so schön sein. Spion, Söldner, Rechtsanwalt und US-Präsident schafften es trotz großartiger Serien nicht auf meine Liste der Traumberufe.

Da rangiert immer noch Journalistin on top. Gut, dass Plan B sich umsetzen lässt, sonst hätten wohl doch “Ray Donovan”, “Scandal” und “How to get away with murder” starken Einfluss auf die Berufswahl genommen – das wäre gar nicht gut.

Netflix, dich werde ich vermissen, ab Oktober kann ich eigentlich das Abo kündigen. Ich hab’s eh leer geguckt.

Echte Menschen sind auch nicht schlecht

Mein Learning aus den letzten Monaten nach dem Jobverlust: Austausch mit echten Menschen ist wichtig. Professionelles Coaching kann weh tun, aber bringt einen weiter und hilft das eigene Potenzial zu entdecken, allerdings muss man bereit sein, sich darauf einzulassen.

Aktueller Lesetipp

Und weil Sterling, Cooper & Partner (Mad Men) manchmal ganz schön böse sind, passt der Beitrag von Nico Kunkel in medienrot.de ganz wunderbar – und ja, ich weiß, dass meine Filmhelden vor allem Werbung machen. Tröstliches aus Nico Kunkels Artikel: „Nicht für wen Sie arbeiten, ist böse, sondern vor allem wie“: Wie böse ist PR?

Meine Heldenreise durch den Journalismus 

Gekündigt – ein Glücksfall für mich und das Jobcenter

 

Ich bin 50+, weiblich, Mutter – und habe beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das trifft sich gut, denn mein bisheriger Job wurde gestrichen. Ein Glücksfall.

Das ist mein Ernst.

Zur Vorgeschichte: Es war ein Fusstritt mit kurzem Anlauf. Im September 2016 wurde überraschend angekündigt, dass unsere Redaktion geschlossen wird.

Nicht weil unsere Redaktion unrentabel arbeitete – es geht schließlich um das reichweitenstärkste Online-Portal in Deutschland, um t-online.de, sondern weil man an den Hotspot Berlin zieht und dort alles neuer, besser, hipper ist. Kurzum: Man brauchte uns – eine eingespielte, erfahrene Redaktion nicht mehr. Eine Transfergesellschaft wurde unser neuer Arbeitgeber.

Ein Fusstritt, viele Geschichten – ein Happy End mit Fortsetzung

Und von hier an gibt es viele Geschichten zu erzählen. Davon, dass ich mich frage, wie viele Menschen in die Selbständigkeit gequatscht werden, einfach weil es Existenzgründerdarlehen gibt. Oder weil Arbeitsagenturberater denken, eine 50-jährige Mami ist da gut aufgehoben. Davon, wie wichtig in dieser Situation gute Existenzgründerberatung ist und in manchem das Gründer-Gen erst weckt.

Agentur für Arbeit. Pflichttermin für Mitarbeiter der Transfergesellschaft.
Die Sonne scheint – der erste Termin in der Arbeitsagentur.

Wie viele Yogastudios braucht Deutschland?

Ich versuche manchmal abzuschätzen, wie viele Yoga- oder Massagestudios, Heilpraktiker, Therapeuten oder Nähcafes ich eigentlich besuchen kann?

Geschichten davon, welche Talente in meinen Kollegen schlummern und originelle Ideen das Tageslicht erblicken. Davon, wie ich mich in den verschiedenen Vorstellungsgesprächen gefühlt habe, was ich über Führungskräfte gelernt habe. Über mich selbst. 

Anekdoten, wie traditionelle Rollenmuster auch mal ein Vorteil sein können, aber oft zum Fluch werden. Oder wie meine (erwachsenen) Kinder das sehen, dass ich jetzt wieder Vollzeit arbeite. Eine Kostprobe aus dem Kindermund? Tochter: “Jetzt kann die Mama endlich eine Rabenmutter werden” – Sohn: “Dann muss sie einen Raben adoptieren”.

Darüber, wie komfortabel deutsches Arbeitsrecht in meinem Fall ist und wie viel Kopfschütteln das bei Familie und Freunden in den USA und Großbritannien auslöst. Eine gut ausgestattete Transfergesellschaft ist komfortabel. Man kann warten, ob der Traumjob oder zumindest der, bei dem die meisten Kriterien stimmen, um die Ecke kommt. Wenn man Geduld und gute Nerven hat.

Darüber, wie viel Spaß Lernen macht, wenn es freiwillig ist und vor allem im fortgeschrittenem Alter zu merken, das Hirn kann’s noch – und zwar besser als beim  Vokabeln lernen mit den Kindern.

Davon, wie viel Sorgen sich meine Mutter gemacht hat und wie erleichtert sie war, von dem neuen Job zu hören. Die Verblüffung vieler Freunde über meine Zuversicht. Und die aufrichtige Freude und die Glückwünsche aller, die meine Vorfreude auf den neuen Job teilen.

Über die Aufgeschlossenheit so vieler wichtiger Personen, die ich um ein Gespräch gebeten habe – und die zugehört haben. Und die Verwunderung meines Mannes: “Das hättest du vor 20 Jahren noch nicht gemacht”. Nein, vieles davon hätte ich bis zum September 2016 nicht getan. Das Gefühl, “ich kann nichts verlieren, nur gewinnen”, ist wunderbar.

Strategien für meine Zukunft in der Arbeitswelt
Meine Jobstrategie – alles klar!

Die Situation setzt Energien frei – oder lässt in Trauer verfallen. Auch das habe ich an anderen gesehen und zeitweise selbst gespürt. Ich selbst hatte wohl auch dabei Glück und habe die Phasen der Trauer um den Job im Zeitraffer durchlebt und gestärkt überstanden – danke an meine Familie, Freunde, Kollegen, die Personalberater und unser Stammlokal.

Austausch mit Kollegen in neutraler Umgebung ist wichtig.
Neuen Wein bitte!

Ich hatte Zeit. Zeit nachzudenken, Netflix zu gucken, zu reisen, Bücher zu lesen und Diskussionen über den Berufsstand im Netz zu verfolgen. Meine Medien-Heimat war ja eingestürzt, also muss ich mir eine neue suchen – ich habe sie immer noch nicht gefunden.

Drei Diskussionen im Netz interessieren mich momentan besonders:.

Indiskretion Ehrensache: Wie müssen sich Medien ändern – und wie müssen sich Journalisten ändern?

Spiegel.de: Warum Redaktionen mehr Vielfalt brauchen

Kress.de: Und mit 50 noch einmal alles riskieren

Neuer Wein - auf die Zukunft!
Auf die Zukunft!

Einzug in den Textraum

Ich ziehe wieder in den Textraum ein. Ein Entrümpelungsmanager wäre jetzt hilfreich, der Altlasten aussortiert und Wertvolles neu strukturiert. Diese Dienstleistung gibt es tatsächlich, für Menschen und Räume, bei und in denen sich viel angesammelt hat, wie bei mir und dem Textraum.

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Seit 1993 gibt es dieses Büro, erst als Agentur mit vier Wänden, in Stuttgart, Eichstätt und Darmstadt, jetzt ohne Mauern, als Treffpunkt im Netz.

Ich bin Journalistin und Texterin mit besonderem Augenmerk auf die Themen  Bildung, Sozialpolitik, Arbeitsmarkt – und zur Abwechslung Food und Lifestyle. Da gibt es nämlich die schöneren Bilder, denn Fotos mache ich auch gerne.

Osterbrot - selbstgebacken.
Osterbrot – selbstgebacken.

Ein kleiner Rückblick auf ältere Artikel, bis es hier mehr Neues zu lesen gibt – der Rest wurde entrümpelt.

So geht man als Maria durchs Leben

Kuba – die Zukunft der ewigen Revolution